Wildwechsel ist ein deutscher Fernsehfilm des Regisseurs Rainer Werner Fassbinder nach dem gleichnamigen Theaterstück von Franz Xaver Kroetz. Der vom Sender Freies Berlin in Auftrag gegebene Film wurde innerhalb von 14 Tagen im März 1972 für ca. 550.000 DM von der Firma Intertel produziert. Die Uraufführung war am 30. Dezember 1972; die Fernseh-Erstausstrahlung erfolgte am 9. Januar 1973 im ARD-Fernsehen. Offizieller Kinostart war am 8. März 1973.

Handlung

Die 14-jährige Hanni wird von ihren Eltern als ein kleines Kind gesehen, obwohl sie bereits selbstbewusst ihre Standpunkte vertritt. Als sie den 19-jährigen Franz kennenlernt, schläft sie mit ihm, was ihm wegen Verführung einer Minderjährigen 9 Monate Gefängnis und die Entlassung aus seiner Hilfsarbeiterstelle einbringt. Als er wegen guter Führung vorzeitig entlassen wird, schimpft Hannis Vater über die Regierung und wünscht sich die Todesstrafe und das strenge alte Regime zurück, auch wenn „das mit den Juden“ falsch gewesen sei.

Die Eltern sind ratlos, als sie merken, dass Hanni die Beziehung zu Franz nicht aufgeben will. Franz und Hanni treffen sich heimlich weiter. Als Hanni schwanger wird, wollen sie abtreiben, fürchten aber, dass Hanni dann der Polizei überstellt wird. Als Hannis Vater ihr bei weiteren Treffen droht, Franz anzuzeigen, besorgt Hanni eine Pistole. Sie drängt Franz, sie zu beschützen und den Vater zu erschießen. Hanni lockt den Vater zu einem Treffen mit Franz in den Wald, wo dieser ihn erschießt. Beide werden festgenommen. Vor dem Gerichtssaal erfährt Franz von Hanni, dass ihr Kind kurz nach der Geburt gestorben ist. Hanni wendet sich von ihm ab und sagt, die Beziehung sei nur körperlich gewesen. Niedergeschlagen stimmt Franz ihr zu, dass sie keine richtige Liebe verbunden habe.

Hintergrund

Die Handlung des Theaterstücks und gleichzeitig die der Verfilmung basiert auf einem wahren Fall: 1967 wurde der Vater der damals 13-jährigen Erika B. in Lohne (Oldenburg) von seiner eigenen Tochter und dem 19-jährigen Alfred M. mit einem Gewehr erschlagen. Dem vorausgegangen war das Verhältnis Erikas mit Alfred, der deswegen zu einer neunmonatigen Jugendstrafe verurteilt wurde, aus der er vorzeitig entlassen wurde. Nach Verbüßung der Strafe führten sie ihre Beziehung fort, bis Erika schwanger wurde. Also beschlossen sie, den Vater umzubringen.

Als „Pornographie mit sozialkritischem Touch“ bezeichnete Autor Franz Xaver Kroetz die Verfilmung seines Stückes und versuchte, die Aufführung des Films in den Kinos zu verhindern. Doch obszön fand Kroetz nicht die nackte Männlichkeit, die viele Fernsehzuschauer bei der Ausstrahlung des Films verschreckt hatte. Obszön nannte er „die Denunzierung der Menschen, die der Film betreibt“. Fassbinder dazu:

Kritiken

Auszeichnungen

  • 1973 gewann Eva Mattes als beste Darstellerin den Deutschen Filmpreis. Mit dieser Auszeichnung wurde auch ihre Leistung in Die bitteren Tränen der Petra von Kant – ebenfalls ein Fassbinder-Film – gewürdigt.

Weitere Verfilmungen

  • Wildwechsel; Regie Dieter Berner, mit Emanuel Schmied und Friederike Weber, Aufführung des Theater der Courage, Wien (Fernsehfilm ORF, 1972)
  • Luxus-eljárás; Regie Peter Szasz (Fernsehfilm Ungarn, 1981)

Uraufführung Bühnenstück

Als Theaterstück hatte Wildwechsel seine Uraufführung im Juni 1971 unter der Regie von Manfred Neu auf der Studiobühne der Städtischen Bühnen Dortmund.

Literatur

  • Elke Gösche: Franz Xaver Kroetz' „Wildwechsel“. Zur Werkgeschichte eines dramatischen Textes in den Medien. (= Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte; 37). Lang, Frankfurt am Main u. a. 1993, ISBN 3-631-46479-7.
  • Isabel Gotovac: Franz Xaver Kroetz' „Wildwechsel“ – In der Kontroverse mit Rainer Werner Fassbinder. Grin Verlag, 2008, ISBN 978-3-640-15969-7.

Weblinks

  • Wildwechsel bei IMDb
  • Wildwechsel bei filmportal.de (mit Fotogalerie)
  • Wildwechsel, Film- und Hintergrundinformationen, Rainer Werner Fassbinder Foundation, Berlin
  • Wildwechsel in der Online-Filmdatenbank
  • Wildwechsel auf deutsches-filmhaus.de

Einzelnachweise


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